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Es gehört zu den seltsamen Dingen des Daseins auf dieser Welt, dass man sich nur in wenigen Momenten ganz sicher ist, bis in alle Ewigkeit zu leben.

Das verlorene Paradies

Diese Woche möchte ich mit dir einen Auszug aus Der geheime Garten von Francis Hodgson Burnett lesen. In diesen „Corona“-Zeiten wäre es doch für viele ein Traum, einen Garten zu haben, oder nicht? Und noch dazu einen geheimen, verborgenen, märchenhaften. Also, ich hätte schon gern so einen Platz, einen Rückzugsort vom Stress des Lebens, einen Ort, an dem ich mich sicher fühlen kann. Mary Lennox und Dickon haben das Glück, so einen Garten zu finden. Die Frage ist: Wenn man so einen Ort findet, teilt man ihn dann mit anderen? Der junge Colin Craven, der seit 10 Jahren krank in seinem Schlafzimmer liegt und überzeugt ist, dass er sterben wird, hat so einen Garten nie gesehen. Mary glaubt, dieser Garten könnte genau das sein, was er braucht.

Wie immer kannst du dir Notizen über deine eigenen Gedanken und Gefühle machen, wenn du in deiner Vorstellung hier durch den Garten gehst, und vielleicht markierst du auch Wörter oder Sätze, die dir besonders auffallen …

Denkanstöße

Was sagst du zu diesem Nachmittagsausflug? War er die Reise wert? Wenn wir jemand anderem von dem geheimen Garten erzählen würden: Woran würden wir uns erinnern und was möchten wir, dass er weiß? Was würden wir für uns behalten? Der Garten hat eindeutig eine starke Wirkung auf alle, die ihn betreten. Der erste Absatz des Kapitels scheint das schon zu belegen. Kannst du dich noch an die Anfangsworte erinnern? Es lohnt sich, sie noch einmal zu lesen …

Es gehört zu den seltsamen Dingen des Daseins auf dieser Welt, dass man sich nur in wenigen Momenten ganz sicher ist, bis in alle Ewigkeit zu leben.

Und so ist es bei Colin, als er das erste Mal zwischen den vier hohen Mauern des versteckten Gartens den Frühling sieht und hört und spürt. An diesem Nachmittag scheint sich die ganze Welt der Aufgabe zu widmen, perfekt und strahlend schön und freundlich zu einem Jungen zu sein.

Vielleicht sollten wir uns ein bisschen genauer die Gefühle ansehen, die hier eine Rolle spielen. Was bedeutet es, ab und zu fühlen, dass man für alle Ewigkeit leben wird? Es mag verschiedene Momente in unserem Leben geben, in denen wir ein solches Gefühl erleben, aber für Colin passiert es genau hier und jetzt in dem ummauerten Garten.

Wie lange kann das Gefühl dauern? Es wird viel Wert auf den Frühling gelegt, der an sich nur eine vorübergehende Jahreszeit ist. Es fühlt sich auch nach einem ganz besonderen Nachmittag an, als die ganze Welt sich der Aufgabe zu widmen schien, perfekt und strahlend schön und freundlich zu einem Jungen zu sein. Wir denken vielleicht, dass der Garten nicht wirklich absichtlich blüht, ist es nur die Kinderfantasie eines Jungen? Aber würde das den Wert des Augenblicks verringern, den diese jungen Leute im Garten teilen, wenn nicht alles so perfekt wäre? Wäre der Augenblick dann nicht so viel wert? Es geht doch auch darum, sich im Garten sicher zu fühlen, keine Angst zu haben, nicht wahr? Ist das eine andere Fiktion? Ist es wichtig, ob das, was hier erlebt wird, nur vorübergehend ist? Kann es über diesen Nachmittag hinaus auf andere Weise dauern?

Vielleicht müssen wir es selbst prüfen und uns die Natur genauer ansehen und überlegen, was sie für uns tun könnte? Mary und Dickon bringen viele wachsende Dinge aus dem Garten mit, die Colin sich ansehen kann. Sie bringen ihm Dinge zum Anschauen – Knospen, die sich öffnen, Knospen, die fest geschlossen sind, Zweigstücke, deren Blätter nur grün sind, die Feder eines Spechts, die auf das Gras gefallen ist, die leere Schale eines früh geschlüpften Vogels. Was würdest du mitbringen? Was würden wir uns wünschen, für uns selbst, für jemand anderen zu finden?

Interludium: Das Schöne

Wie geht es dir nach dem Lesen? Hast du irgendwelche Worte eingekreist? Was fällt dir auf? Vielleicht möchtest du das Gedicht noch einmal lesen?

Denkanstöße

In dem Gedicht geht es darum, dass Schönheit eine Freude für immer ist, wie ihre Schönheit zunimmt und dass sie niemals ins Nichts übergehen wird. Mmh, nichts hält ewig, alles geht vorbei, oder? Was ist anders an der Art von Schönheit, von der hier gesprochen wird? Gibt es einige Dinge auf der Welt, die immer für uns da sein werden? Die Zeile über die Schönheit, eine Laube unsres Schlafes mit Gestalten süßen Traumes, Gesundheit und ruhiger Atmung lässt an einen Zufluchtsort denken, oder?

Vielleicht kommt dir hier wieder der geheime Garten mit seiner erholsamen Stille in den Sinn, aber vielleicht könnte die „Laubstille“ auch andere Dinge bedeuten, andere Wege, Trost zu finden? Es besteht eindeutig ein Bedürfnis nach solcher Schönheit. Das Leben kann manchmal sehr hart sein – eine Härte, die hier mit der Plage heillos-dunkler Fahrten beschrieben wird. Aber das Gedicht spricht auch von einer Hilfe: Der Schönheit Gabe lüftet den Vorhang unsrer trüben Sicht. Und das ist Trost.

Kategorien: Literatur

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