Ach lauf doch nicht nach Witz und Weisheit übers Meer! Der Seele Würdigkeit kommt von der Liebe her.
Angelus Silesius

21.Mai-20.Juni
Auf ihrem Weg durch das Jahr ist die Sonne wieder ein Zeichen weiter gewandert. Sichtbar wird das an den atemberaubenden Veränderungen in der Natur, spürbar wird es für uns aber auch in der veränderten Zeitqualität. Je mehr wir uns darauf einlassen, je genauer wir hinschauen, desto besser werden wir lernen, uns selbst zu verstehen.
Raus in die Welt
Was fällt uns im Mai am meisten auf? -Die Natur expandiert: Bäume, Büsche, Blumen…breiten sich in den Raum aus und erobern die Welt. Mitten drin wuselt es von Insekten, die sich scheinbar nicht entscheiden können, zu welcher Blüte sie zuerst fliegen sollen.

All das spiegelt die Zwillingsqualität. Sie erobert den Raum, sammelt quasi Eindrücke, fliegt von einem Thema oder Projekt zum anderen und hat deshalb manchmal Probleme, sich zu konzentrieren oder herauszufiltern, was wichtig ist. Dann bleibt sie an der Oberfläche und kann ein Thema nicht wirklich vertiefen. Und obwohl zur Zwillingsqualität auch logisches Denken und ein kritischer Verstand gehören, verzettelt sie sich leicht oder verliert sogar den Durchblick. Dann geht es uns wie der Biene, die in jede Blüte hinein schnuppert, aber bei keiner Sache wirklich „auf den Grund geht“, sodass kein Nektar hängen bleiben kann.
Dafür gibt es auch unzählige Beispiele aus unserer jetzigen Lebenswirklichkeit: Wir zappen pausenlos zwischen Fernsehprogrammen hin und her. In einen Song wird 10 Sekunden hineingehört und dann entschieden: Gefällt mir oder weiter geht’s. Unseren Maturanten (weil jetzt gerade Matura-Zeit ist) kann man keine Bücher, sondern nur mehr Kurzgeschichten oder 2-Seiten-Auszüge zumuten, weil sie es nicht mehr schaffen, sich eingehender, länger, tief-gehender mit einem Thema zu beschäftigen. Beispiele gibt es viele, denn wir sind als Gesellschaft oberflächlich, flatterhaft und sehr schnell beim (Ver-) Urteilen.
Verstand & Herz
Die Herausforderung dieser Zeitqualität liegt darin zu verstehen, wie wir das Denken, die Flexibilität und Vielseitigkeit mit dem Herzen verbinden und uns auf Dinge und Menschen wirklich einlassen. Das bedeutet: Kontakt aufnehmen auf einer Ebene, die den ganzen Menschen betrifft, nicht nur den Verstand. Dazu brauchten wir vor allem Zeit. Wir müssten die Langsamkeit, das Innehalten wieder entdecken, um wirklich zum Augenblicke sagen zu können: Verweile doch, du bist so schön. Und die Sehnsucht nach einem Ausgleich zwischen den Polen Flexibilität und Zentrierung, Denken und Fühlen, Verstand und Herz ist ja überall zu sehen. Wenn du Schlagworte wie Meditation, Achtsamkeit, Yoga, Entspannung… in eine Suchmaschine eingibst, bekommst du eine unüberschaubare Menge an Informationen und Angeboten, die diese Sehnsucht widerspiegeln.
Zwillinge: Polarität -> Einheit

Das Zeichen der Zwillinge ist die römische II und bedeutet Ähnlichkeit, Gleichheit. Es ist das neutrale, verbindende Element zwischen der weiblichen Venus und dem männlichen Mars. Auf Tempeltoren ist es manchmal als eine Tag- und eine Nachtsäule dargestellt, die auf die Aufspaltung der Einheit in männlich/ weiblich, hell/ dunkel, Gott/ Mensch… hinweist. Und diese Polarität, die Spaltung zwischen Subjekt und Objekt will das Zeichen Zwillinge erkennen und überwinden. Es sucht nach der Einheit und beginnt zu denken, infrage zu stellen und zu zweifeln. Der Zweifel, das Erkennen der Zweiheit ist die Voraussetzung für das vermittelnde In-Beziehung-Setzen von Mensch und Dingen, für das Denken und Forschen.(1)
Merkur: Prinzip der Vermittlung

Im nächsten Schritt versucht die Qualität der Zwillinge die richtigen Zusammenhänge herzustellen, die stimmigen Informationen herauszufiltern und dann das, was als Wahrheit erkannt wurde, an die nächste Umgebung weiterzugeben. Sie versucht, zwischen den Polen zu vermitteln. Dieses Vermittlungsprinzip wird durch Hermes/ Merkur symbolisiert. Hermes/ Merkur ist in der griechischen Mythologie der Sohn von Zeus (Jupiter) und der Titanin Maia. Von klein auf ist er der Bote seines Vaters und Vermittler zwischen Himmel und Erde, denn er ist überaus wortgewandt, diplomatisch und flink. Nicht umsonst wird Merkur immer mit geflügelten Schuhen dargestellt. Sein Heroldsstab oder Hermesstab mit zwei Schlangen drückt aus, dass er die Fähigkeit und Aufgabe hat, die Botschaften der Götter den Sterblichen zu überbringen und sie dabei auch zu übersetzen und deuten. Die Wissenschaft vom Erklären und Verstehen wird daher auch als Hermeneutik bezeichnet.
Das merkurielle Prinzip herrscht überall dort, wo es um Sprache, Logik, Kommunikation und Wissensvermittlung geht, bei Schülern, Lehrern, Übersetzern, Mathematikern und Informatikern, Schriftstellern, Journalisten und Sekretären. Merkur ist aber auch für reibungslose Netzwerke verantwortlich, er zeigt sich also im Verkehrsnetz, bei den Paketdiensten sowie im Internet, wobei er sich beim Austausch auf elektronischem Weg mit seiner höheren Oktave, dem Uranus, verbindet. Im persönlichen Bereich symbolisiert Merkur Denken, Information, Selbstausdruck und Kommunikation. Logik, Urteilskraft, Erkenntnis und Abstraktion gelingen durch Merkur. Er lässt uns den Auftrag Gottes begreifen. (M.L. Mathis) Im Geburtsbild gibt die Stellung des Merkur Aufschluss über die Denkweise und sprachlichen Fähigkeiten sowie über bevorzugte Interessen und Lernmethoden. (A.Cortesi)
Merkur ist also auf der positiven Seite der vernünftige, bewusste Intellekt, der die Ideen ordnet, ohne sie zu bewerten, und dessen Erkenntnisse zu Gleichheit und Mitgefühl führen. Auf der negativen Seite kann er aber auch statt informativem Austausch Geschwätz und statt Intelligenz Besserwisserei oder sogar Manipulation verkörpern.

Wenn der Intellekt nach Wahrheit und Ewigkeit strebt, durchschaut er die äußere Welt als irreal und erkennt die Realität des inneren Bewusstseins. Strebt er jedoch nach den Bildern, die ihm die Sinne vermitteln und hält sie für echt, dann ist die äußere Welt für ihn die Wirklichkeit, und er wird materialistisch.(2)
Fragen des Prinzips Merkur/ Zwillinge
Die folgenden Fragen können dir helfen, dich mit der Zeitqualität von Merkur/ Zwillinge zu verbinden, egal, in welchem Sternzeichen du geboren bist.
- Wie sieht es mit meinem Denken aus? Sind meine Gedanken von Flexibilität oder eher von Starre geprägt? Bin ich offen für Neues und sehe neugierig und optimistisch ins Leben?
- Kann ich mich gut konzentrieren und in ein Thema, eine Arbeit vertiefen? Fällt es mir leicht zu entscheiden, was wichtig ist? Oder verliert sich mein Verstand oft in Kleinigkeiten und Zweifeln, sodass am Ende manchmal sogar die Ver-zweiflung droht?
- In welchen Lebensbereichen fehlt es mir an Optimismus und Leichtigkeit? Wie würde ich mich fühlen, wenn ich mir jetzt erlauben würde, einfach froh zu sein, zu allem JA zu sagen und das Leben wie ein Spiel zu betrachten?
- Wie sieht es mit meiner Fähigkeit zu fühlen aus? Könnte meine Empathie etwas Übung vertragen? Kann ich mich auf andere einlassen, kann ich hinspüren und auch auf dieser Ebene Kontakt aufnehmen? Kann ich zu-hören?
- Kann ich kommunizieren oder fällt es mir schwer, mich anderen mitzuteilen? Mit wem würde ich gerne mehr Kontakt haben? Und wie würde ich mich dann fühlen: inspiriert, erfrischt, optimistisch?
Tipps für die Zwillinge-Zeit

Entwicklungsweg der Zwillinge: Weg der Vermittlung

(1) Schult, Arthur: Astrosophie, 1994, S.299
(2) Frawley, David: Astrologie der Seher, 2003, S.91